Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Über 5.500 Mal stellten Ärztinnen und Ärzte in Österreich im Jahr 2016 die Diagnose „Mammakarzinom“ bei einer Frau, rund 1.500 Frauen sterben jährlich daran. 1 Michaela M. hatte großes Glück – bei ihr wurde der Brustkrebs im Jahr 2010 rechtzeitig erkannt und richtig therapiert. Wie es ihr heute damit geht, erzählt sie uns bei einem gemeinsamen Treffen.
1 STATISTIK AUSTRIA, 2019
Wut, Trauer, Hass, Angst – Liebe Michaela, ich nehme an für dich sind das keine unbekannten Emotionen. Wie ist es dir nach der Diagnose Brustkrebs ergangen?
An den Moment der Erstdiagnose kann ich mich noch ganz genau erinnern. Es war der 19. Jänner 2010 – der Geburtstag meines Vaters. Mein Partner war bei dem Gespräch mit dabei, das hat mir sehr geholfen. Ich verspürte aber keine Wut, auch keine Angst – es war mehr ein Gefühl der Unsicherheit bzw. der Ungewissheit. Diagnose Brustkrebs klingt im ersten Moment halt nicht wirklich rosig…..
Das zieht einem erstmals den Boden unter den Füßen weg, oder?
Es ist natürlich bei Weitem keine angenehme Situation. Im ersten Moment habe ich mir einfach große Sorgen um meine kleine Tochter gemacht, die war damals erst fünf Jahre alt.
Schlimmer als meine eigene Diagnose war für mich aber die Brustkrebsdiagnose meiner Mutter mehr als ein Jahr zuvor. Die hat mich wirklich getroffen wie die Faust ins Gesicht. Bei ihr habe ich auch wesentlich mehr Angst verspürt als bei mir selbst. Sie hat den Krebs aber besiegt und deswegen konnte ich mit einer sehr guten Einstellung den Kampf gegen die Krankheit starten. Ich war von Anfang an hoffnungsvoll.
Deine Tochter war damals erst 5 Jahre alt. Wie bist du mit dem Thema innerhalb der Familie und bei Freunden umgegangen?
Sehr offen. Ich habe von Anfang an alle Karten auf den Tisch gelegt. Ich konnte auch mit Fremden immer problemlos über die Krankheit sprechen. Man kann es ja auch schwer verstecken, vor allem wenn man sieht, dass einem die Haare ausgehen.
Als mir durch die Chemo die Haare im wahrsten Sinne des Wortes „vom Winde verweht“ wurden hat mir mein Partner eine Glatze rasiert. Ich habe dann die Perücke meiner Tante getragen, die auch Brustkrebs hatte, aber das hat sich von Anfang an wie ein Fremdkörper für mich angefühlt. Ich habe dann sozusagen einen Familienrat einberufen und gefragt ob es jemanden stört, wenn ich ein schickes Kopftuch trage, das vor der Kälte schützt und zu Hause mit Glatze herumlaufe, aber das war natürlich für alle in Ordnung.
Am Foto: Michaela mit Kopftuch im Zauberwald Rauschelesee, 2010
Wann konntest du das erste Mal nach Ihrer Diagnose wieder lächeln?
Ich habe nie aufgehört zu lachen. Lachen ist gesund. Eine Woche nach der Diagnose habe ich meine beste Freundin und Ihren Mann besucht. Wir sind ausgegangen und haben uns richtig gut amüsiert. Das bin einfach ich.
Es gab aber natürlich auch andere Momente. Ich musste meine Ausbildung zur Ergotherapeutin pausieren und als ich mich von meinen JahrgangskollegInnen verabschieden musste hatte ich schon viele Tränen in den Augen. Das darf auch sein.
Was hat dir während der Krankheit geholfen deine Lebensqualität zu verbessern? Was hat dir gut getan?
In erster Linie natürlich der Rückhalt der Familie und das Muttersein an sich.
Ganz wichtig war für mich aber auch die Bewegung. Noch vor der ersten Chemo habe ich begonnen zu walken. Davor hatte ich kaum Zeit für Sport und ich habe versucht, wieder eine gute Kondition aufzubauen. Bewegung ist für mich zu einem Muss geworden: Egal ob bei Regen oder bei Schnee – ich habe meine Runden im Freien gedreht.
Kurz vor der dritten Chemotherapie wollte ich sogar bei einem Viertelmarathon mitrennen – das war dann allerdings leider doch zu gefährlich 🙂
Hatte der Krebs auch positive „Nebenwirkungen“?
Ja – durch die Krankheit hatte ich schlagartig viel mehr Zeit zur Verfügung. Zeit für meine kleine Tochter und meinen Partner, aber auch Zeit für mich. Außerdem habe ich mich nach den Cortisongaben lustigerweise immer sehr leistungsfähig gefühlt.
Hast du Angst, dass der Brustkrebs wiederkommt?
Ja, ganz klar. Die Sensoren sind immer ausgefahren und man fühlt einfach mehr in seinen Körper hinein. Allein durch die regelmäßigen Kontrollen wird man ständig an die Krankheit erinnert. Dann hoffe ich schon immer, dass kein Tumor gefunden wird. Ich versuche aber negative Gedanken so gut es geht zu vermeiden und mich auf positive Dinge zu konzentrieren.
Dein Brustkrebserkrankung konnte optimal therapiert werden und heute bist du gesund. Wie geht es dir jetzt? Lebst du heute „anders“?
Nicht anders, nur bewusster. Ich sehe Dinge nun oft von einer anderen Perspektive. Schlimme oder ungerechte Geschehnisse regen mich nach wie vor auf, aber ich versuche sie nicht mehr so intensiv an mich ran zu lassen. Man entwickelt schon ein anderes Bewusstsein für das Leben. Ansonsten geht es mir sehr gut und ich Blicke positiv in die Zukunft.
Welche Worte findest du, wenn du jemanden triffst, der an Brustkrebs erkrankt ist?
Ich kann nur jedem den Rat geben viel Bewegung an der frischen Luft zu machen, die Ernährung umzustellen und generell auf einen gesunden Lebensstil zu achten. Außerdem ist es wichtig, dass man sich Auszeiten gönnt und auch mal müde sein „darf“. Wichtig ist aber, dass man danach wieder aufsteht und weiter macht. Und ganz wichtig: Lächeln und niemals sauer auf das Leben sein!
Liebe Michaela, vielen Dank für das spannende Gespräch. Ich wünsche dir von Herzen alles Gute für die Zukunft!
Interview durchgeführt und geschrieben von Sarah Dionisio